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Weihnachten – Die Mutprobe

Die Tage vergehen ratz fatz und seit Wochen höre ich von verschiedensten Seiten, dass ein erhöhter Ruhebedarf da ist und das Wort „Weihnachten“ taucht immer häufiger auf.

Ja, auch ich schaffe meine Erholungsräume und habe regelmäßig mein Date mit mir selbst. In dem Zusammenhang bin ich sehr dankbar für meine Freunde, denn die wissen, dass ein Nein zu ihnen, ein Ja zu mir ist. Sie nehmen es nicht persönlich, was unser Miteinander total entspannt und auch wertvoll macht. Doch es wäre ja schlimm, wenn es nicht so wäre, denn Freunde sind ja eine Wahl. Wir wählten uns gegenseitig aus. Interessieren uns für einander und kennen und respektieren die Werte. Doch wie sieht es mit der Familie aus?

Bewusste Wahl oder Gewohnheit

Zwei hardcore Jahre liegen hinter uns. Bei vielen Menschen war an den Weihnachtstagen ein großer Schmerz. Es fand eine radikale Ausgrenzung statt. Die vorgegebene Zahl der Personen für eine Zusammenkunft und welche Bedingungen es dazu gab, überforderte zahlreiche Familiensysteme. Jedes Familiensystem ist so einzigartig, wie die Personen darin und es brachte auch neue Seiten zum Vorschein.

Es gab die Rebellen, die Vorschriften ignorierten. Es gab die Trotzklötze, die alles doof fanden und Weihnachten ignorierten. Es gab die Helden, die mutig waren und überlegten, mit wem sie die Zeit verbringen möchten. Ach, es gab so einige Charaktere. Doch die Entscheidungspflicht von außen ist nun weg, was nehmen wir aus dieser heftigen Zeit mit?

Für mich war es spannend und auch schön, welche unterschiedlichen Stimmen nach den Weihnachtstagen zu hören waren.

„Es war total entspannt. Kein Stress mit dem Kochen und so viel Zeit ohne den Vorbereitungsaufwand.“

„Ich habe mich nicht wohlgefühlt, es gehört sich einfach anders.“

„Das war kein Weihnachten.“

„Es war auch irgendwie schön.“

Ja, jeder Mensch darf Eigenverantwortung tragen. Selbst wirken und das Leben gestalten. Doch je näher Weihnachten rückt, umso mehr brodelt es in mir, denn was ich oft höre, gefällt mir nicht. Eigenverantwortung beinhaltet auch zu sich zu stehen!

Wenn die große Familienzusammenkunft vermisst wurde, warum wird dann nicht kommuniziert, nachgefragt oder geplant?

Wenn die letzten Weihnachtserfahrungen gezeigt haben, dass Weihnachten im kleinen Kreis entspannter war, warum wird es nicht innerhalb der Familie mitgeteilt?

Rechtzeitig, damit sich alle Beteiligten in Ruhe Gedanken machen können.

Werte, Liebe und Ego

Weihnachten ist für viele Menschen das Fest der Liebe. Die Familie nährt und feiert das Gemeinschaftsgefühl, die Verbundenheit, die Verankerung. Die Zeit wird geschätzt, gibt dem einen was, dem anderen nichts.

Doch an Weihnachten einzuladen aus Pflichtgefühl oder hinzugehen, weil ein Nein ja unhöflich wäre, finde ich als Verrat auf vielen Ebenen. Wertschätzung, Respekt, Eigenverantwortung, so viele Alarmanlagen gehen da bei mir an. Da wünsche ich mir wieder einen Perspektivwechsel und die Offenheit, die anderen Sichtweisen anzuhören und sich auch einzufühlen.

Dass Eltern ihre Kinder um sich haben wollen, ist verständlich, denn vom ersten Geburtstag an war es immer so. Doch ebenso ist nachvollziehbar, dass die Kleinfamilien ihre eigenen Rituale schaffen wollen, ihr eigenes Familiengefühl stärken, frei von der Großfamilie. Ich kann auch gut nachfühlen, dass der Trubel mit vielen Menschen den älteren Menschen zu viel wird und sich wiederum andere Menschen einsam fühlen und Gesellschaft wünschen. Auch dass es immer so war und weiter so gewünscht wird, darf sein.

Es gibt doch die Individualität der Menschen, alles darf sein. Es kann wertschätzend kommuniziert werden.

Ich wünsche allen Menschen die Zeit und den Mut, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein und zu hinterfragen, wie die Weihnachtstage stimmig gestaltet werden können und dies auch zu kommunizieren. Vielleicht sogar an Allerheiligen oder Allerseelen, wenn schon einige Familienmitglieder aus dem Pflichtgefühl, aus dem Gemeinschaftsgefühl oder aus einer anderen bewussten Motivation zusammenkommen.

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