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Sophie Scholl und ihre immer klarer werdenden Spuren in meinem Leben

Ein Monat, ein Tag und 80 Jahre ist die Hinrichtung her und gerade ist es mir auf eine unbeschreibliche Art und Weise bewusst, die mein Herz berührt.

Mir ist klar, dass manche Erkenntnisse  erst zu einem späteren Zeitpunkt im Leben kommen, je nach Reflexionsfähigkeit. Doch spätestens am Sterbebett sollte  der „Aha-Moment“ kommen, ich sorge lieber schon etwas früher vor und schaue mir meine Themen an, was mich dankbar stimmt.

Ich war nun 1,5 Tage in der Akademie Aidenried und begleitete die Selbstreflexion der Ausbildungsteilnehmer. Auf der Heimfahrt kam mir immer wieder Sophie Scholl in den Sinn.

Es gibt viele Frauen, die mich inspirieren, doch heute ist Sophie ganz präsent. Sie war keine 22 Jahre alt, als sie starb.

Ich erinnere mich  gerade mit einem Lächeln an die Abschlussprüfung an der F10. Ich weiß nicht mehr, ob es ein Referat war, doch ich durfte vor Lehrern stehen. Meinen erarbeiteten „Text“ musste ich vortragen. Ich wählte damals aus vorgegebenen und mir unbekannten Themen „die Weiße Rose“. Ich weiß auch noch, dass die Lehrer mich fragten und mir der Begriff „Märtyrer“ nicht in den Sinn kam. Damals ärgerlich, doch auch gut so, denn es fiel mir Jahre später ein. Nun nahm ich freiwillig die Weiße Rose nochmals unter die Lupe.

Eine innere Haltung haben und dazu zu stehen, ist absolut kraftvoll. In jungen Jahren sah ich das so und zwar um jeden Preis, inzwischen wäge ich ab, ob es mir die Kommunikation, Zeit und Energie wert ist.

Eine Vision und zu haben, der Gesellschaft etwas zu wünschen, z.B. ein wertschätzendes, respektvolles Miteinander und die Akzeptanz im Sein, frei von Herkunft, Rasse oder Geschlecht. Dem Menschen etwas wünschen.

Ich weiß nicht mehr viele Details, doch was hängen blieb, prägte.

Wie viel Herz  und Haltung spricht im zweiten Flugblatt, als es um den Massenmord an den Juden geht:  „fürchterlichste Verbrechen an der Würde des Menschen“. Die „Würde“, welch ein wunderschöner Begriff, der von allen Menschen näher betrachtet werden sollte.

Das dritte Flugblatt spricht davon, dass der Widerstand gegen einen verbrecherischen Gewaltstaat eine „sittliche Pflicht“ sei. Wie berührend ich diese Bezeichnung  doch finde. Viele Menschen verpflichten sich freiwillig zu irgendeinem Schmarrn. Was wäre 2023 eine sittliche Pflicht?

Vielleicht war genau die Abschlussprüfung der Schule, meine Prüfung im Menschsein. Mitgefühl, tiefen Respekt für die Weiße Rose und alle, die deren Haltung teilten. Sie zeigten auch genau diese Werte auf.

Vielleicht hat genau dieses Referat dazu beigetragen, dass mir meine hart erarbeiten Werte, so wertvoll erscheinen und ich mich für sie einsetze.

Vielleicht bin ich eine „Wertetante“ und teile  meine Gedanken im WertstoffBlog, weil ich von Sophie und den anderen Mitgliedern der Weißen Rose inspiriert und ermutigt wurde. Sophie stand ihren Mann und zog sich nicht aus der Affäre, obwohl sie die Chance hatte. Charakterstark und sich selbst treu!

Vielleicht liebe und schätze ich den Perspektivwechsel so sehr, weil er mehr als eine Einladung ist. Die Flugblätter waren Perspektivwechsel pur und der Preis dafür war letztlich das Leben. Doch etwas zu haben, was das innere Feuer nährt, wofür Herzblut und Leidenschaft lauthals ein JA rufen, ist nicht vom Alter abhängig. Es erfordert Mut und dass ich es mir auch mal selbst wert bin, meine Stimme für mich einzusetzen.

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